Look at me!
Thematik, Technik und Bildsprache
Zentrale Themen der Arbeiten von Ilsemargret Luttmann kreisen um den Blick, den wir auf Afrika und die AfrikanerInnen werfen und den sie uns auf verschiedenste Weise zurückwerfen und sich dazu in Szene setzen: mal provokativ, mal nonchalant, mal selbstverliebt, aber meistens auch verstörend für uns. Um diese (kolonial-)geschichtsträchtige Beziehung geht es, aus der Strategien des Selbst-Empowerment seitens der AfrikanerInnen erwachsen. Dabei spielt die „Hülle“, die äußere Erscheinung, die als erstes in unseren Blick gerät, eine große Rolle. Allerdings stoßen hier nur vermeintlich zwei Welten oder Wertesysteme aufeinander – die westlich-christliche Innerlichkeit vs. die oberflächliche Äußerlichkeit Afrikas, denn das sind eher unsere Konstruktionen von Exotik und Fremdheit, vor der wir uns fürchten und die wir gleichzeitig heimlich begehren. Es gibt viel Verbindendes, wenn wir uns auf einen Dialog einlassen.
Die Bilder zeigen also solche in den sozialen Medien, in der Kunst und Modefotografie auftauchenden Inszenierungen von AfrikanerInnen in der Welt, wie sie sich selbst zeigen und gesehen werden möchten. Und es ist an uns, als ZuschauerInnen und Angeschaute, ein neues Verhältnis zu uns, unserer kolonialen Vergangenheit und insbesondere zu dem „Anderen“ zu entwickeln.
Neben realistischer Malerei auf meist großen Formaten, die sich an der Formen- und Mustervielfalt in starken klaren Farben labt, hat Ilsemargret Luttmann die alte Technik des Scherenschnitts aufgegriffen und zu neuem Leben erweckt. Die Paper Cuts dienen als Schablonen, die eine Druckvorlage bilden und später wieder in diese Bilder integriert werden, so dass eine Dreidimensionalität entsteht. Diese Schablonendruck-Scherenschnitt-Collage-Technik hat sie inzwischen so intensiv weiterentwickelt, dass sich die überlagernden Papiercollagen zunehmend dem mehrschichtigen Farbauftrag in der Malerei annähern.
„Der Mensch ist am wenigsten er selbst, wenn er als er selbst spricht. Gib ihm eine Maske, und er wird dir die Wahrheit sagen.“
Weitere Informationen über Ilsemargret Luttmann
Ilsemargret Luttmann hat ihre praktische Ausbildung als Malerin und Grafikerin während der 70er und 80er Jahre in der privaten Akademie für freie Malerei und Grafik von Heidi Boyes-Pulley in Hamburg-Eppendorf erhalten. Es handelte sich um eine einmalige musische Insel, wo künstlerische Ausbildung und Menschenbildung zu einem ganzheitlichen pädagogischen Ansatz zusammenflossen. Diese aus der heutigen Sicht aus der Zeit gefallene Einrichtung bot Raum für soziale Fürsorge, Empathie, Toleranz, Diversität und buddhistische Gelassenheit und war bedacht auf den Gleichklang zwischen Mensch-Sein und künstlerischer Entfaltung. In Begleitung der Künstlerin, ehemaligen Schauspielerin und einstigen Wegbegleiterin von Wolfgang Borchert, Else Boyes-Pulley, entwickelte sie ein solides Fundament an technischen Fähigkeiten und ein Augenmaß für künstlerische Qualität.
Die zweite Quelle ihres Schaffens stellen die langjährigen Studien- und Arbeitsaufenthalte in den westafrikanischen Ländern Kamerun, Mali, Ghana und Côte d‘Ivoire dar, die auch den geografischen Rahmen ihrer Forschung und Lehrtätigkeit im kulturwissenschaftlichen Bereich an der Leuphana Universität Lüneburg bilden. Zu ihren Vorbildern und Leitfiguren in formalästhetischer Hinsicht und z. T. in den sozio-politischen Bezügen gehören der Kameruner Grafik-Künstler Boris Nzébo, der nigerianisch-stämmige Mode-Künstler Duro Oluwo und die Fotografin Namsa Leuba.
Ihre Arbeiten hat sie in Einzel- und Gruppen-Ausstellungen in Paris, Bamako/Mali und in zahlreichen Städten in Deutschland gezeigt.